Ein teuflischer Pfad in Sambia

Auf unserem Weg Richtung Südafrika sind wir inzwischen in Sambia angekommen.

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Es ist Regenzeit! Alle Tierreservate sind wegen Überflutung geschlossen. Wir fressen Kilometer auf Asphaltstraßen. Jeden Abend campen wir an einer schönen Lodge und genießen das Abendessen und den südafrikanischen Wein und ich sende flehentliche Blicke zum Himmel, damit es nachts nicht regnet (weil unser Canopy ja nicht dicht hält) – und  – wir haben jede Nacht Glück. Dann regnet es aber tagsüber so stark, dass das Wasser auch ins geschlossene Canopy eindringt und die Matratzen durchnässt.
Gitte weigert sich, drinnen zu schlafen, also buchen wir Zimmer in den Lodgen.

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Das Herrenhaus neben der Lodge „Hot Springs“, erbaut von einem Engländer, der sich hier seinen Lebenstraum erfüllte hat.

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Sambia ist seit 1964 unabhängig. Man sollte glauben, dass das Land sich in den 50 Jahren entwickelt hat – aber Fehlanzeige. Das Land ist fruchtbar. Es könnte eine blühende Landwirtschaft haben, aber die Einheimischen bearbeiten ihre Felder wie vor 100 oder 1000? Jahren. Es gibt keine Landmaschinen, nur drei oder vier Traktoren haben wir insgesamt gesehen. Die gesamte Landarbeit wird mit den Händen erledigt. Auch Ochsengespanne sehen wir selten. Überall arbeiten Gras schneidende Männer, die mit Stöcken schlagen, an denen etwa 10 cm lange Klingen befestigt sind.

Ich komme mit einem Deutschen ins Gespräch, der seit 50 Jahren in Sambia im Kaffeegeschäft tätig ist. Dieser Mann sagt, das Land wäre ärmer und bedürftiger geworden als vor 50 Jahren. Ja, aber warum ist das so? Ich werde versuchen unter „Wissenswertes“ eine Begründung zu geben, wenn ich zuhause bin (und dazu komme).

Am 27. Februar hatte ich Geburtstag. Wir feiern zünftig in der Lodge neben unserem Campground. Die Lodge heißt Piggery und natürlich gibt es Schweinefleisch reichlich und echte Boerewurst. 20160227_204654

20160227_204716Sambia war als Durchfahrstrecke geplant. Wir sehen ein Schild „Livingston“ – unser Ziel 423 km. Plötzlich biegt Frank ab. Er sagt, ein kleiner Abstecher zum Karibasee, um dort auf einer schönen Lodge zu übernachten. Auch Frank hatte wohl nicht mit den Tücken der Regenzeit gerechnet. Der Weg ist zunächst sehr steinig und holperig und wir müssen viele tiefe Querrinnen und kleine Furten durchfahren. Wir vermindern mal wieder den Luftdruck in den Reifen.

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Piste

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Plötzlich stehen wir vor einer überfluteten Brücke. „Brücke“, das ist ein Betonstück, etwa 4 Meter breit und zwischen zehn und vierzig Meter lang – natürlich ohne jedes Geländer. Diese „Brücke“ ist überflutet. Frank ist am anderen Ende angekommen. Er gibt uns Anweisungen: die Strömung ist zwar sehr stark, aber wenn  ihr langsam fahrt und euch etwa einen Meter von der linken Brückenkante entfernt haltet, könnt ihr es gut schaffen, wenn ihr im ersten Gang der Untersetzung fahrt. Ihr dürft aber nicht zu weit rechts fahren, weil man nicht wissen kann, ob nicht Stücke von der Betonbrücke weggebrochen sind. Volker folgt den Anweisungen und kommt durch.

 

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Dann kommt Peter vor uns. Er sinkt mit seinem Landrover immer tiefer ein. Wir sehen nur noch die Kabine, aber er kämpft sich langsam vorwärts und kommt dann durch.

 

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Jetzt sind wir dran. Die linke Brückenkante sieht man natürlich nicht. Uns umgurgelt eine reißende Strömung. Wo kann ich die Kante unter uns vermuten? Ich halte mehr nach rechts und Frank schreit durchs Funkgerät mehr links, mehr links. Plötzlich sehe ich vor uns einen schwarzen Baumstamm mit der reißenden Strömung auf uns zukommen. Das Herz bleibt mir stehen – doch eine gütige Hand dreht ihn unmittelbar vor uns in der Strömung und – huch ist er vorbei! Ich spüre den Druck des Wassers auf der rechten Seite gegen die Tür und hoffe, dass wir nicht weggeschwemmt werden. Das uns umgebende Wasser gurgelt, aber der Motor zieht auch in dem tiefen Wasser unbeirrt das Fahrzeug vorwärts. Nach ein paar bangen weiteren Sekunden hebt sich die Schnauze langsam aus dem Wasser und wir sind durch!! Gitte ist bleich geworden und ich atme tief durch.

Was wir nicht gesehen haben: hinter uns trieb ein noch gewaltigerer Baumstamm direkt auf uns zu. Die Freunde am anderen Ufer hielten die Luft an, aber auch er schoss hinter uns vorbei. Wenn er uns getroffen hätte, wäre eine kräftige Beule das Mindeste gewesen, aber er hätte uns auch von der Brücke drücken können, weil sich das Wasser dann ja plötzlich gestaut hätte.

Im Nachhinein war großes Palaver: alle waren gut durch gekommen, bis auf Jörg, der mit seinem Prado schon vorher abgebogen war. Es gab Vorwürfe gegen unseren Guide: Er hatte nur spärliche Infos gegeben. Er hatte nicht gesagt, dass Fahrzeuge aufschwimmen, wenn die Geschwindigkeit zu hoch ist. Er hatte auch keine Notfallinstruktionen gegeben, für den Fall, einer von uns wäre von der Brücke gespült worden, nämlich Gurt lösen und Fenster herunter lassen, um nicht zu ertrinken.

Keine fünf Kilometer weiter, gibt Frank durch Funk Informationen, wie ein besonders steiles Stück des wieder felsigen Weges bewältigt werden kann, als Uwe meldet, er sei in einen Graben gerutscht und komme weder vorwärts noch rückwärts. Als Volker ihn mit seiner Winde rausziehen will, rutsch er auch in den Graben und sitzt fest. Die Männer des nahen Dorfes schieben tüchtig und schlagen Buschwerk, damit die Räder wieder festeren Grip haben. Es ist alles vergeblich. Wir arbeiten drei Stunden intensiv, um die beiden Fahrzeuge frei zu bekommen. Der Boden war an dieser Stelle sehr lehmig und der Lehm in den Reifen setzte sich so fest, dass sie keinerlei Halt fanden. Mit den Winden haben wir die Fahrzeug im rechten Winkel herausziehen müssen – ein Wunder dass die Seile diesem enormen Druck Stand hielten.

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Am Ende des Tages haben wir uns bei den Dorfbewohnern für die Hilfe mit Geschenken bedankt

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und haben in der Nähe einen Rastplatz zum Übernachten gesucht. An eine Weiterfahrt war nicht zu denken. Wir mussten am nächsten Tag umkehren. Wieder durch den Fluss??? Als wir am nächsten Tag an der Brücke ankamen, war das Wasser abgeschwollen und wir hatten keine Probleme durchzukommen.

Am Ende diese Tages erreichten wir dann Livingston und genossen das gewaltige Schauspiel der Viktoriafälle.

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In Livingston trennen wir uns von der Gruppe. Wir fahren alleine durch Botswana nach Südafrika.

Von Botswana können wir nicht viel berichten. Es ist Regenzeit, daher düsen wir auf autobahnähnlichen Straßen Richtung Süden – und haben noch ein  typisch afrikanisches Erlebnis: Tempobegrenzung 100 km/h und ich fahre 120! Nach einer Biegung Stopp durch Polizei. Ich „Oh sorry I’m too fast I know“ „No you are not too fast but you were over the white line“ Großes Palaver. Und jetzt kommt es: „It will be a fine of 1000 Pula (€ 80,-) or what do want to pay?“ „No, 1000 is too much, is 400 ok?“ „ok, ok!“ Ich hole meine Geldbörse aus dem Auto und sage: „I have only 300 is that ok? „Yes it’s ok!“ Nam’s und stecke es in die Tasche und einen Beleg habe ich natürlich nicht bekommen.

In Johannesburg wollen wir Freunde zu treffen. Helmut hatte gesagt, er würde uns bis Johannesburg entgegen kommen. Wir verbringen zwei herrliche Tage mit ihm und Günther  und wollen dann über Lesotho, Drakensberge, Plettenberg und Fancourt nach Hause fahren.

 

 

4 Gedanken zu “Ein teuflischer Pfad in Sambia

  1. Sorry Sammi, Haben Deinen Geburtstag verpennt!

    Herzlichen Glückwunsch nachträglich zu diesem aufregenden Jahr!

    Klaus und Barbara

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  2. Lieber Sammi, unsere Geburtstagsgrüsse sind irgendwie nicht durchgedrungen.
    Trotzdem hoffen wir, Du hattest einen schönen Geburtstag zum ersten Mal nach
    Vielen Jahren außerhalb Kapstadts. Gute Weiterreise und bis bald
    Maren & Christian

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  3. Liebe Gitte, lieber Sami,
    ich habe mit größtem Interesse eure Tour verfolgt. Und ich kann nur sagen, RESPEKT.
    Das was ihr euch getraut habt, hätte ich mich wahrscheinlich zu keiner Zeit meines Lebens gewagt – und ich dachte eigentlich immer, ich wäre mutig😬
    Hut ab vor eurer Abenteuerlust. Ich freue mich riesig, dass ihr für diesen Mut auch so königlich belohnt wurdet. Das sind unvergessliche Erlebnisse.
    Ich wünsche euch für den Rest eurer Reise noch alles Gute und freue mich, von euch aus Kapstadt wieder zu hören.
    Alles Liebe, bis bald! Evelyn

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  4. Liebe Gitte und lieber Sammi,
    wir gratulieren zu der erfolgreichen Beendigung der schwersten Strecke. Ab Joh-Burg ist es jetzt ja nur noch eine Sonntag-Nachmittag-Kaffee-Fahrt, obwohl von den Kilometern her doch noch ganz ordentlich. — Hier liegt gut Schnee und die 3 Kilometer zur Asphalt-Straße werden von unserem Bauern mit seinem Trecker und angeschnalltem Schneepflug grob geräumt. Darauf fährt es sich sehr rubbelig. Das ist schon anstrengend , aber ja kein Vergleich mit Euren Torturen.
    Wie waren gern Eure Leseratten und würden gern noch über Lesotho weiter informiert werden, weil wir dieses kleine Königreich vor Jahren auch bereist haben.
    Weiterhin alles Gute, Eure Kiki und Heiner.

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